Europa aus vielen Perspektiven –

Neues EU-Projekt mit Studienfahrt nach Brüssel bringt vielfältige Einblicke

 

 

 

Was ist die EU? Welche Bedeutung hat sie im Leben jedes Einzelnen, vor Ort in der Region, in Hessen, in Deutschland, in Europa und in der Welt? Wie arbeitet Politik? Was sind die Perspektiven?

Ein Schulhalbjahr hat sich der Kurs „Europa geht uns alle an“ von Herrn Karrasch (Koordinator Schulverbund) mit der Geschichte der EU, ihren Institutionen und ihrer Zusammenarbeit mit anderen Interessenvertretern beschäftigt. Nun hatten einige nach Engagement und Interesse ausgewählte Schüler*innen der Wollenbergschule des Jahrgangs 10 im Rahmen eines individuellen Förderprogramms vom 18. bis zum 25. Januar Gelegenheit, Brüssel vor Ort zu erkunden. Mit dabei auch eine Schülerin aus dem Jahrgang 12 der Verbundschule Gymnasium Philippinum.

 

Das umfassende Programm ermöglichte den Schüler*innen einen Einblick in die EU aus verschiedensten Dimensionen mit vielfältigen Begegnungen und exklusiven Gesprächsrunden:

Es war sehr interessant, die verschiedenen Ansichten kennenzulernen und wie sie übereinander denken. Besonders aufschlussreich war für mich nicht nur zu erfahren, welche Rolle die EU für die Mitgliedsländer spielt, sondern in der gesamten Welt.

(Leon Daitche, WSW)
Dank der Studienfahrt nach Brüssel verstehe ich nun viel besser, wie die EU-Institutionen zusammenarbeiten. Auch war es sehr spannend mitzubekommen, wie verschiedene Interessenvertreter ihre Anliegen bei der EU vertreten.

(Raya Röwekamp, Gymnasium Philippinum)

 

Eine erste Annäherung an die Europa-Hauptstadt, ihre Geschichte, Wahrzeichen und kulinarischen Köstlichkeiten brachte eine mehrstündige Free-Walking Tour durch das Brüsseler Zentrum. Gestartet wurde am „Grande Place“ bzw. „Grote Markt“, der, seit 1998 UNSECO-Weltkulturerbe, mit seinen vergoldeten barocken Gildehäusern und seinem imposanten Rathaus als einer der schönsten Platz Europas gilt. Spannend und durch die Größe ihrer Räume beeindruckend auch die neue Architektur des Europaviertels in Brüssel. Hier wurden Orte mit symbolischer Bedeutung geschaffen. Die Tour endete am Königspalast als Ausdruck der konstitutionellen Monarchie Belgiens, bei der auch die dunklen Seiten der belgischen Kolonialgeschichte beleuchtet wurden.
Durch die multimedial präsentierten historischen und aktuellen Grundlagen der EU und Europas im Besucherzentrum „Parlamentarium“ und im „Haus der Europäischen Geschichte“ hatten die Teilnehmer*innen die Gelegenheit, das Wachstum des europäischen Gedankens im Wandel der Zeit aus einer umfassenden Quellensammlung zu erfassen. Die Sonderausstellung „Restless youth. Erwachsen werden in Europa (1945 – heute)“ zeigte stimmungsvoll das Erwachsenwerden von (Ur)Großeltern und Eltern. Vergangenes Lebensgefühl konnte man auch beim Besuch der Keith-Haring-Retrospektive im BOZARD schnuppern, bei der neben der eingängigen Bildsprache das gesellschaftspolitische Engagement des Künstlers im Mittelpunkt stand. Neben dem Erleben von modernen Museumskonzepten zur Vermittlung von Informationen gab es auch durch einen Vortrag in der Europäischen Kommission und im neuen Besucherzentrum des Europäischen Rates einige Informationen darüber, wie Politik heute in der EU und mit dem Europäischen Parlament gestaltet wird.

 

Praktische Politik kann am besten im Gespräch mit Praktikern erfasst werden. Hier lag der besondere Gewinn der Studienreise.

Das Programm basierte auf persönlicher Begegnung mit den verschiedensten Akteuren von Europapolitik: Politikern, politischen Vertretungen, Ständigen Vertretungen, Interessenvertretern, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und der NATO.

Beim Besuch des EU-Parlaments ging es beim Treffen mit dem MdEP Martin Häusling den Jugendlichen vor allem darum, wie ihre Interessen als Bürger*innen in Zeiten des Klimawandels im Parlament vertreten werden und welche Bedeutung die Landwirtschaft, besonders in Hessen, hat.

In der Landesvertretung Hessen wurde erläutert, wie die Interessen der einzelnen Ministerien im Landesparlament mit der Europapolitik vernetzt werden. Auch die Chancen Hessens als Bildungs- und Wirtschaftsstandort in Europa wurden diskutiert.
Wie Interessenvertretung von Unternehmen bei den EU-Institutionen funktioniert, erlebten die Schüler*innen bei VW. Hier ging es um den Einfluss der deutschen Automobilindustrie in Brüssel, Umweltfragen und die großen Themen E-Mobilität und Digitalisierung.

Vertieft wurde das Gespräch zum Umweltschutz und zur Biodiversitätsdebatte beim WWF, der als NGO versucht, Einfluss auf die Entscheidungen der EU-Institutionen zu nehmen und diese auch zu beraten.

Die politische Dimension der EU beschränkt sich jedoch nicht nur auf Europa, was beim Empfang der Teilnehmer*innen in den Ständigen Vertretungen der Russischen Föderation und der USA bei der EU deutlich wurde. Exemplarisch wurde an den Themen Umweltschutz, Sicherheit und Wirtschaft erläutert, wie wichtig in Zeiten der Globalisierung nicht nur europäische, sondern weltweite Zusammenarbeit ist. Beim Besuch des NATO-Hauptquartiers im 2018 eröffneten Neubau ging es um die Zusammenarbeit mit der EU, sicherheitspolitische Themen, Menschenrechte und zukünftige wie aktuelle Chancen und Herausforderungen der NATO.

Die verschiedenen Berufsbiografien der Referenten ermutigten die Jugendlichen, in Zukunft durch Auslandsaufenthalte und Praktika wertvolle Erfahrungen zu sammeln, um multiperspektivisch zu denken. Sie erkannten, dass Flexibilität auf dem beruflichen Weg von ihnen gefordert wird und persönliche Ziele von Zeit zu Zeit neu justiert werden müssen.

 

In Brüssel hat mich begeistert, dass hier so viele Menschen mit unterschiedlichen Nationalitäten in Frieden zusammen leben. Ich habe gelernt, Politik aus einer anderen Perspektive zu sehen und neue Ansichten gewonnen.“ (Nahom Yohannes, WSW)

 

Bei allen Herausforderungen und Schwierigkeiten, vor denen Europa steht, wurde doch die große Bedeutung der EU für den Alltag und als Sicherheits- und Stabilitätsfaktor bewusst. Alles in allem eine inhaltlich sehr verdichtete, lernintensive und damit sehr besondere Studienfahrt der Wollenbergschule, die als neuer Bestandteil des Schulprogramms 2021 wieder gemeinsam mit der Verbundschule Gymnasium Philippinum durchgeführt werden soll.

 

 

Text und Bilder: Sabine Matzen